Life-Sciences-Strategie: Europäische Kommission will 350 Millionen Euro in Lebensmittelinnovationen investieren
Die neue Life-Sciences-Strategie der EU eröffnet Fördermöglichkeiten in Höhe von 350 Millionen Euro, die auch für alternative Proteine zur Verfügung stehen, und will die Skalierung von modernen Fermentationstechnologien voranbringen. Dies könnte der europäischen Foodtech-Branche neuen Schwung verleihen und das ökonomische und ökologische Potenzial von alternativen Proteinquellen in Deutschland und Europa heben.
2 July 2025

Die neue Life-Sciences-Strategie der EU eröffnet Fördermöglichkeiten in Höhe von 350 Millionen Euro, die auch für alternative Proteine zur Verfügung stehen, und will die Skalierung von modernen Fermentationstechnologien voranbringen. Dies könnte der europäischen Foodtech-Branche neuen Schwung verleihen und das ökonomische und ökologische Potenzial von alternativen Proteinquellen in Deutschland und Europa heben.
Die heute von der Europäischen Kommission veröffentlichte Life-Sciences-Strategie hebt hervor, wie neue Technologien für die Entwicklung innovativer Lebensmittel und Inhaltsstoffe auf das Ziel der EU einzahlen können, bis zum Ende des Jahrzehnts weltweit führend im Bereich der Biowissenschaften zu werden.
Die Strategie betont, dass moderne Fermentationstechnologien ein „erhebliches Potenzial” für die Entwicklung einer breiten Palette hochwertiger Produkte haben, zum Beispiel nachhaltige Inhaltsstoffe für Lebensmittel, die aus erneuerbaren Rohstoffen gewonnen werden und einen geringen ökologischen Fußabdruck haben.
Dazu gehören:
- Biomassefermentation, ein Verfahren, das der Herstellung von Tempeh ähnelt. Durch Biomassefermentation kann Lebensmittelverschwendung reduziert werden, indem landwirtschaftliche Nebenprodukte in nahrhafte und schmackhafte Lebensmittel umgewandelt werden, darunter Zutaten, die wie Fleisch aussehen, sich so zubereiten lassen und auch so schmecken.
- Präzisionsfermentation, ein Verfahren, das seit Jahrzehnten zur Herstellung von Produkten wie mikrobiellem Lab für die Käseherstellung eingesetzt wird. Wissenschaftler und Startups in Europa nutzen es nun zur Produktion von Proteinen wie Molke oder Casein sowie für die Herstellung von nachhaltigen Pendants zu Palmöl und Schokoladenbestandteilen.
Die Strategie stellt fest, dass europäische Startups und KMU zwar die Innovation in diesen Technologien vorantreiben, die Skalierung jedoch kostspielig und aufwändig ist. Sie schlägt vor, dass die Kommission die Skalierung durch die Entwicklung öffentlich-privater Partnerschaften und die Organisation einer jährlichen Konferenz zur Förderung der Zusammenarbeit und des Wissenstransfers unterstützt.
Der gemeinnützige Think Tank Good Food Institute Europe (GFI Europe) begrüßt, dass die EU Kommission es mit diesen Vorschlägen Startups und Forschern ermöglichen will, die Herstellung von Lebensmitteln und Inhaltsstoffen auf Basis von Pflanzen, modernen Fermentationsverfahren und der Kultivierung zu skalieren. Denn bislang stehen Engpässe bei der Skalierung der Infrastruktur einer umfassenden Kommerzialisierung dieser Technologie mit wettbewerbsfähigen Produkten im Wege.
Dabei ist das Potenzial enorm: Eine aktuelle Studie von Systemiq zeigt, dass der Sektor für alternative Proteine mit der richtigen politischen Unterstützung allein in Deutschland bis 2045 bis zu 65 Milliarden Euro zur deutschen Wirtschaftsleistung beitragen könnte. Zudem könnte er bis zu 250.000 neue Arbeitsplätze entlang der gesamten Wertschöpfungskette schaffen und die Treibhausgasemissionen in Deutschland um bis zu 8,1 Millionen Tonnen pro Jahr reduzieren, was den Emissionen von 1,8 Millionen Autos entspricht.
Die Vorschläge zur Unterstützung europäischer Lebensmittelinnovatoren umfassen:
- Im Rahmen des EU-Forschungsprogramms „Horizon Europe“ werden 150 Millionen Euro bereitgestellt, um nachhaltige Lösungen für die Bioökonomie zu fördern. Diese Fördermöglichkeit steht auch Wissenschaftlern und KMUs zur Verfügung, die im Bereich Fermentation tätig sind.
- Zudem werden im „Horizon Europe“-Programm weitere 200 Millionen Euro für den Zeitraum 2026-2027 bereitgestellt, die eine engere Zusammenarbeit zwischen Forschern und Unternehmen bei der Förderung von Technologien im Bereich der Biowissenschaften fördern sollen. Diese Mittel zielen darauf, die Nachhaltigkeit voranzubringen und die Effizienz von Biomanufacturing in der EU zu verbessern. Dies umfasst auch die Nutzung von Mikroorganismen und Zellkulturen für eine Vielzahl von Anwendungen, darunter auch die Produktion von Lebensmitteln.
- Schließlich soll eine strategische Agenda für Forschung und Entwicklung im Ernährungsbereich erstellt werden, um innovative und nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Dadurch kann Open-Access-Forschung zu zentralen Herausforderungen im Bereich alternativer Proteine gefördert werden, wie die Verbesserung von Geschmack und Textur sowie die Reduktion von Herstellungskosten im Bereich alternativer Proteinquellen.
Ivo Rzegotta, Senior Public Affairs Manager bei GFI Europe: „Life Sciences sind eine Schlüsselbranche, und es ist ein gutes Signal für den Wirtschaftsstandort Europa, dass die Kommission die zentrale Rolle von Innovationen im Lebensmittelbereich unterstreicht. Die angekündigten Maßnahmen können ein wichtiger Schritt sein, um als EU eine weltweite Führungsrolle bei alternativen Proteinquellen zu übernehmen und um das ökonomische und ökologische Potenzial dieser Technologien in Europa zu erschließen. Deutschland hat das Potenzial, hier eine hervorgehobene Rolle zu spielen, da es in den Bereichen Biowissenschaften, Biotechnologie und Fermentation bestens aufgestellt ist. Umso wichtiger ist es, dass diese Anstrengungen jetzt auch auf nationaler Ebene gespiegelt werden und dass die deutsche Bundesregierung diese neuen Technologien auch in Deutschland unterstützt, etwa im Rahmen der angekündigten Hightech-Agenda oder durch eine Berücksichtigung von alternativen Proteinen bei Investitionen aus dem Klima- und Transformationsfonds.”