Alternative Proteine in Deutschland
Wissenswertes zum deutschen Markt für pflanzenbasierte und kultivierte Fleisch-, Fisch-, Eier- und Milchprodukte und für nachhaltige Lebensmittel auf Basis von Fermentation.

Deutschlands Potenzial

Pflanzenbasiertes und kultiviertes Fleisch und andere alternative Proteinquellen ermöglichen es den Menschen, an liebgewonnenen Speisen wie Fleisch und Milchprodukten festzuhalten, ohne zu den Problemen aus der konventionellen Tierhaltung beizutragen. Gleichzeitig birgt der Sektor enorme Chancen für zukunftsfeste Arbeitsplätze und für den deutschen Wirtschafts- und Innovationsstandort.
Deutschland hat alle Voraussetzungen dafür, ein globaler Innovationsführer im Bereich alternative Proteine zu werden. Zunächst verfügt Deutschland über eine hervorragende Wissenschaftslandschaft mit herausragenden Hochschulen und Forschenden sowie über eine leistungsfähige Infrastruktur entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Zudem hat sich in Deutschland ein starkes Ökosystem von innovativen Startups entwickelt, die alternative Proteine entwickeln und herstellen. Neben Startups steigen auch immer mehr etablierte Unternehmen in das Geschäft ein: Unternehmen aus der Fleisch- und Lebensmittelwirtschaft verstehen sich zunehmend als Proteinunternehmen und erweitern ihr Portfolio. Und schließlich sind auch die deutschen Verbraucher:innen aufgeschlossen gegenüber alternativen Proteinen.
Das wirtschaftliche, wissenschaftliche und politische Ökosystem in Deutschland

Das Good Food Institute Europe hat eine umfassende Bestandsaufnahme des deutschen Ökosystems für alternative Proteinquellen vorgelegt. Der Report liefert vertiefte Einblicke in die Marktentwicklung im Plantbased-Bereich, die kommerzielle Landschaft in Deutschland, Investitionen in den Sektor, die Forschungs- und Innovationslandschaft sowie in die politischen Rahmenbedingungen.
In manchen Bereichen des Sektors für alternative Proteine sind deutsche Unternehmen und Forschungseinrichtungen heute führend. Doch obwohl zahlreiche Menschen aus Wissenschaft und Wirtschaft engagiert daran arbeiten, neue Proteine auf Basis von Pflanzen, Kultivierung und Fermentation voranzubringen, hat Deutschland sein Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft.
Wirtschaftliches Potenzial in Deutschland

Deutschland hat gute Startbedingungen im weltweiten Wettlauf um die Innovationsführerschaft im Bereich der alternativen Proteinquellen. Das Beratungsunternehmen Systemiq hat im Auftrag von GFI Europe untersucht, wie die Diversifizierung unserer Proteinversorgung Wirtschaftswachstum, zukunftsfeste Arbeitsplätze und Fortschritte beim Umwelt- und Klimaschutz für Deutschland schaffen kann. Dabei handelt es sich um die erste umfassende Analyse des Potenzials von alternativen Proteinen für Deutschland in wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Dimension.
Mit hinreichender Unterstützung durch die Politik könnte der Sektor für alternative Proteine bis 2045 rund 65 Milliarden Euro zur
deutschen Wirtschaftsleistung beitragen und 250.000 Arbeitsplätze schaffen. Zum einen speist sich dieses Potenzial aus der Produktion von Lebensmitteln, um die Nachfrage im deutschen Heimatmarkt zu decken. Das wirtschaftlich noch größere Potenzial liegt aber in der Nutzung von Deutschlands industriellem Know-how bei der Herstellung von Maschinen wie Extrudern, Fermentern und anderen Vorleistungen im B2B-Geschäft. Das Gesamtpotenzial im Export aus Deutschland könnte 2030 bis zu 15 Milliarden Euro und 2045 bis zu 35 Milliarden Euro betragen.
Neben den direkten wirtschaftlichen Auswirkungen wird die Diversifizierung unserer Proteinversorgung auch Vorteile für den Klima- und Umweltschutz sowie für eine gesunde Ernährung mit sich bringen. Auf Grundlage der validesten derzeit verfügbaren Analysen zum ökologischen Fußabdruck von alternativen Proteinen wird geschätzt, dass die Emissionen in Deutschland um bis zu 8,1 Millionen Tonnen CO2e reduziert werden könnten (entspricht den Emissionen von 1 bis 1,8 Millionen Autos) und dass der
Flächenbedarf um 1,2 bis 2 Millionen Hektar verringert werden könnte.
Marktentwicklung in Deutschland

Innerhalb Europas ist Deutschland der mit Abstand größte Markt für pflanzenbasierte Lebensmittel. Gemessen am Umsatz war der deutsche Markt für pflanzenbasierte Lebensmittel im Jahr 2024 rund 1,7 Milliarden Euro groß.
Seit 2022 ist der Umsatz mit pflanzenbasierten Lebensmittel in Deutschland um 7 % gestiegen. Die umsatzstärksten Kategorien im Plantbased-Markt waren 2024 pflanzenbasiertes Fleisch mit 759 Millionen Euro und pflanzliche Milch mit 595 Millionen Euro.
37 % der Haushalte in Deutschland kauften 2024 mindestens einmal pflanzliche Milch, 32 % der Haushalte kauften mindestens einmal im Jahr 2024 pflanzliches Fleisch.
Was die Menschen in Deutschland denken
In Deutschland gibt es ein hohes Bewusstsein für die Notwendigkeit, das Lebensmittelangebot um nachhaltige Optionen zu erweitern: In einer repräsentativen Umfrage von YouGov aus dem Jahr 2024 haben sich 49 % der Befragten dafür ausgesprochen, dass es mehr nachhaltige Alternativen zu Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten braucht. 30% der Befragten haben angegeben, dass sie in den kommenden zwei Jahren häufiger zu pflanzlichen Fleischalternativen greifen wollen, 27 % haben dies bei pflanzlichen Milchalternativen angegeben.
Auch im Hinblick auf kultiviertes Fleisch zeigen sich die Deutschen offen: 53 % der Befragten haben angegeben, dass sie schon einmal von dieser neuen Art, Fleisch herzustellen, gehört haben. 47 % der Menschen in Deutschland haben gesagt, dass sie kultiviertes Fleisch zumindest einmal probieren würden. 66 % der Menschen meinen, dass kultiviertes Fleisch auch in Deutschland hergestellt werden sollte, wenn es auf den Markt kommt, so dass auch die deutsche Wirtschaft davon profitieren kann.
Von der Politik wünschen sich viele Menschen in Deutschland eine stärkere Unterstützung des Sektors: 62 % der Menschen sprechen sich dafür aus, die Diskriminierung von pflanzlicher Milch durch einen höheren Mehrwertsteuer zu beenden. 53 % wünschen sich, dass Landwirte dabei unterstützt werden, auf einen höheren Anteil von pflanzlichen Lebensmitteln umzustellen. 47 % sprechen sich dafür aus, den Anteil von pflanzlichen Produkten in öffentlichen Kantinen zu erhöhen, zum Beispiel in Schulen und Krankenhäusern.
Deutsche Unternehmen im Bereich alternative Proteine
In unserer Unternehmensdatenbank können Sie sich einen Überblick darüber verschaffen, welche deutschen Unternehmen Fleisch, Fisch, Eier und Milchprodukte auf Basis von Pflanzen, Kultivierung und Fermentation herstellen oder als Zulieferer in dem Bereich tätig sind.
Politische Rahmenbedingungen

Die deutsche Politik hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt: Sie will die Vorgaben des Pariser Klimaschutzabkommens erfüllen, deutliche Fortschritte bei den Sustainable Development Zielen der Vereinten Nationen machen, die Resilienz gegenüber Risiken für die öffentliche Gesundheit erhöhen und hochqualifizierte Arbeitsplätze in Zukunftsmärkten schaffen. Alternative Proteinquellen können einen entscheidenden Beitrag zur Erreichung dieser Ziele leisten.
Damit Deutschland sich im Spitzenfeld dieses dynamisch wachsenden Bereichs positionieren kann, müssen die politischen Rahmenbedingungen richtig gesetzt sein. Der Blick in andere Länder zeigt, dass die erfolgreichsten Ökosysteme für alternative Proteinquellen dort entstehen, wo Regierungen dies als strategisch wichtigen Pfeiler ihrer Wirtschaftspolitik verstehen und den Sektor aktiv unterstützen.
In diesem Sinne sollte die deutsche Politik vor allem die folgenden Punkte im Blick behalten:
- Deutschland sollte stärker in die Forschungsförderung einsteigen, denn öffentliche Investitionen können den gesamten Sektor voranbringen und die Wende hin zu nachhaltigen Proteinen beschleunigen. Die deutsche Bundesregierung investiert bereits in den Sektor und liegt dabei derzeit europaweit auf dem fünften Platz. Es wird mehr brauchen, um zu den Forschungsinvestitionen anderer Länder aufzuschließen und um das Potenzial von alternativen Proteinen voll auszuschöpfen.
- Damit sich mehr Menschen für nachhaltige Proteine entscheiden, müssen sie diesen neuen Lebensmitteln vertrauen können. Um dies sicherzustellen, gibt es auf der europäischen Ebene einen Rechtsrahmen, der vor der Zulassung von kultiviertem Fleisch und anderen alternativen Proteinquellen eine gründliche Untersuchung der Lebensmittelsicherheit vorsieht. Hierbei sollte Deutschland dafür eintreten, dass die Zulassungsentscheidungen effizient, transparent und auf Basis von wissenschaftlicher Evidenz getroffen werden.
- Deutschland sollte faire Wettbewerbsbedingungen für alternative Proteine schaffen. Hierzu gehört zum einen, an Produktbezeichnungen festzuhalten, die für die Verbraucherinnen und Verbraucher klar und verständlich sind. Und zum anderen gehört dazu eine faire Besteuerung – es ist schwer mit den Nachhaltigkeitszielen der deutschen Politik zu vereinbaren, wenn für Milchprodukte auf pflanzlicher Basis weiterhin ein höherer Mehrwertsteuersatz gelten soll als für vergleichbare Produkte aus der Tierhaltung.
Unser Team für Deutschland
Ivo und Lia arbeiten mit Politik, Nichtregierungsorganisationen und anderen Stakeholdern in Deutschland zusammen, um die politischen Rahmenbedingungen für alternative Proteine im größten Land Europas zu verbessern. Eileen arbeitet daran, die wissenschaftliche Community für alternative Proteine in Deutschland, Österreich und der Schweiz auszubauen und zu unterstützen. Sie erreichen unser Team unter deutschland@gfi.org.