Der erste kultivierte Burger wird zehn Jahre alt

5. August 2023

Kultiviertes Fleisch ist im Kern eine europäische Erfindung — in Europa wurden die Grundlagen entwickelt und der erste kultivierte Burger 2013 der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Seitdem ist in Europa ein lebendiges Ökosystem im Bereich kultiviertes Fleisch entstanden.

Kultivierter Burger von Mosa Meat
Foto: Mosa Meat

In diesen Tagen jährt sich die Vorstellung von kultiviertem Fleisch zum zehnten Mal: Am 5. August 2013 präsentierte der niederländische Wissenschaftler Dr. Mark Post auf einer Veranstaltung in London der Weltöffentlichkeit den ersten kultivierten Rindfleisch-Burger. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch kein einziges Startup, das in diesem Bereich tätig war, geschweige denn etablierte Lebensmittelunternehmen.

Insgesamt wird seit fast genau 100 Jahren an der Idee gearbeitet, Fleisch direkt aus tierischen Zellen zu kultivieren. Die meisten Meilensteine dieser Entwicklung wurden in Europa erreicht, beginnend mit der Herstellung der ersten Zelllinie durch den französischen Biologen Alexis Carrel im Jahr 1912.

Die historische Vorstellung des ersten Burgers im Jahr 2013 hat weltweit Unternehmer und Forschende inspiriert, sich in diesem neu entstehenden Bereich zu engagieren. So hat der Bereich in den vergangenen Jahren deutlich Fahrt aufgenommen: 

Eine Studie zum ökologischen Fußabdruck von kultiviertem Fleisch, die auf empirischen Daten beruht und den Peer-Review-Prozess durchlaufen hat, kommt zu dem Ergebnis dass sich mit kultiviertem Fleisch bis zu 92 % der Treibhausgasemissionen und bis zu 90 % des Flächenbedarfs einsparen lässt, wenn dabei Erneuerbare Energien zum Einsatz kommen. 

Gemessen an diesem Potenzial für den Klima- und Umweltschutz und daran, was andere Länder in den Bereich investieren, fällt Deutschland deutlich zurück. Dies zeigt eine neue Studie des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung ISI. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass insbesondere im Bereich kultiviertes Fleisch Deutschland vergleichsweise wenig investiert und nur in einzelne Projekte, die keiner kohärenten Strategie folgen. Die Autor:innen der Studie empfehlen der deutschen Politik, einen Strategieprozess aufzusetzen, um die Forschungsförderung auszubauen und an einem klaren strategischen Ziel auszurichten.

Ivo Rzegotta, Senior Public Affairs Manager beim Good Food Institute Europe:
„Kultiviertes Fleisch ist im Kern eine europäische Erfindung. Vor rund 100 Jahren wurden die Grundpfeiler dieser neuen Art der Fleischherstellung in Europa entwickelt, und vor genau zehn Jahren wurde der erste kultivierte Burger hier der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Seit 2013 sehen wir enorme Fortschritte in diesem Bereich und in zwei Ländern der Welt können die Menschen heute schon kultiviertes Fleisch essen. Damit dieses nachhaltig erzeugte Fleisch in Deutschland und Europa für alle verfügbar wird, braucht es noch viel weiteres Engagement — insbesondere auf Seite der Politik, die in diese ressourcenschonende Form der Fleischherstellung investieren sollte, wie sie es zuvor bei Erneuerbaren Energien und bei der Elektromobilität getan hat.”

Spitzenkoch Richard McGeown, der 2013 in London den ersten kultivierten Burger zubereitet hat:
„Es ist unglaublich, dass sich kultiviertes Fleisch innerhalb eines Jahrzehnts von einem winzigen Prototyp zu einem globalen Wirtschaftsbereich entwickelt hat. Heute haben bereits Menschen in zwei Ländern Zugang zu kultiviertem Fleisch und renommierte Köche wie José Andrés und Dominique Crenn unterstützen das. Doch wir kratzen erst an der Oberfläche dessen, was wir mit kultiviertem Fleisch machen können, und ich bin sehr gespannt auf die weiteren Fortschritte im nächsten Jahrzehnt. Ich glaube, dass ich es den Menschen in Cornwall servieren werde — die es dann nicht essen werden, weil es eine Neuheit ist, sondern weil es großartig schmeckt.“